Das war zumindest meine Einstellung... bis heute morgen, als mir unversehens die Ehre zuteil geworden ist, bei einer Version dieses Spiels mitspielen zu dürfen, die alle ihre Versprechen erfüllt...
Ich weiß nicht, ob sich noch jemand daran erinnert, aber vor ein paar Wochen habe ich die schier endlose Sage meines neuen Fahrrads erzählt. Das Ding hatte sich bis zur Mitte letzter Woche immer noch nicht blicken lassen, und deshalb hatte ich wirklich angefangen zu glauben, ich hätte beim Checkout aus Versehen den falschen Knopf gedrückt und statt des grauen Rads eher das UNSICHTBARE bestellt. (Ist doch jedem schon mal passiert, oder? Beim Onlinebestellen gibt es ja dermaßen viele fitzelige Kasten zum Ankreuzen, da fängt man immer irgendwann an, sich rein aufs Geratewohl einen Weg dadurch zu klicken. Manchmal wird mir so langweilig, dass ich mich dabei ertappe, mit den angekreuzten Kasten kleine Bildchen zu zeichnen - ein lächelndes Gesicht oder die Buchstaben meines Namens oder - in einem meiner ehrgeizigeren Momente - eine originalgetreue Replikat von Monets "Japanische Brücke")
LINKS: Monets ursprüngliche artistische Vorstellung, für ihn leider noch unerreichbar, da man zu der Zeit unpraktischerweise noch nicht Checkboxen erfunden hatte. RECHTS: Die minderwertige Kritzelei, mit der er sich bedauerlicherweise begnügen musste. Eine Trägodie der Kunstgeschichte.
Also, ein bisschen Hintergrund: Das Fahrrad ist VERMEINTLICH ein Mountainbike - soll heißen, ein Fahrrad, dessen natürlicher Lebensraum die Berge sind. Da hatte ich schon von Anfang an so meine Bedenken: leider lebe ich ja auf keinem Berg (Höhenkrankheit in der Badewanne ist halt nicht so meins) und deshalb habe ich mir natürlich Sorgen gemacht, dass das arme Rad hier so ein bisschen Heimweh bekommen würde: es hatte schließlich noch nie eine einzige flache Oberfläche gesehen, es hatte ja sein bisheriges Leben auf halbem Berg verbracht! Die Welt hatte es bisher nur vom schrägen Winkel aus betrachtet: was würde wohl passieren, wenn es zum ersten Mal auf einen rechten Winkel stoßen würde? Ich bin doch keine Fahrradpsychologin, ich weiß ja gar nicht, wie man mit solchen Problemen umgehen soll!
Und aller Umzug ist ja ohnehin schwer, ohne dass man sein ganzes Leben lang nur mit seiner zweiräderigen Familie gewohnt hat und sich dann mit einem Schlag in einem Zuhause befindet, wo es nur Menschen gibt, die GAR KEINE RÄDER haben! Keine! Noch nicht mal ein kleines, so unter einem strategisch platzierten Hut versteckt! Wahnsinn! So ein Übergang kann einen schon mal aus der Bahn werfen. Natürlich wollte ich ihm bei seinem Gewöhnungsprozess so behilflich sein wie möglich, damit es sich möglichst schnell wie zu Hause fühlte, deshalb habe ich mich entschlossen, mal mit (OK, auf) ihm zum Park zu fahren. Ein Park ist schließflich schon fast genauso wie ein Berg, nur... ein bisschen flacher.
Ich trudelte dann los, kam heil und gesund am Park an und dachte mir: "Hm, warum nicht mal ein paar dieser hübschen Felder erkunden, das Wetter ist ja nämlich so schön!" Und das stimmte ja auch, der Boden war aufgrund des Regens am Vortag zwar ein Tick schlammig, aber alles in allem war es sehr schön da draußen! Und ehrlich jetzt, es ist noch keiner an ein paar Flecken Schlamm gestorben, oder? ODER?
Famous last words.
Mitten in einem Feld fiel mir allmählich auf, dass es auf einmal erheblich schwieriger wurde, die Pedale in Bewegung zu bringen. Das war schon an sich leicht besorgniserregend, denn ich hatte nämlich mal Artikel gelesen, die behaupteten, dass man überraschend schnell an Fitness verlieren kann, wenn man nicht dran bleibt und regelmäßig Sport treibt. Aber dass dieser Verlust dermaßen schnell erfolgen kann... also, ZWISCHEN ZWEI DREHUNGEN DES RADES... das wunderte mich ehrlich gesagt schon ein wenig. Letztendlich gab ich widerwillig auf und stieg vom Rad ab in der törichten Erwartung, dass der Boden sich noch in einem FESTEN ZUSTAND befinden würde. "FEHLANZEIGE!" hätte ich dem Himmel pathetisch zugebrüllt, wäre ich nicht schon treibsandmäßig in einem RIESIGEN SCHLAMMBAD untergangen. (Das sind so Zeiten, wenn man sich über alle Maßen freut, doch nicht die weiße Hose angezogen zu haben)
"Ist schon OK," dachte ich mir: "Kein Anlass zur Panik! Einfach mal das Ding schieben, bis du wieder auf einem Betonpfad ankommst!"
Und das wäre wirklich ein UMWERFENDER Plan gewesen, hätte nicht irgendjemand, ohne dass ich es gemerkt hatte, die Räder gegen zwei unbewegliche fahrradfelgeförmige BETONSTÜCKE getauscht (das war zwar etwas unachtsam von mir, aber man muss ja auch bedenken, dass ich zu der Zeit auch einigermaßen damit beschäftigt war, LANGSAM UND QUALVOLL IM SCHLAMM ZU ERTRINKEN. Das kann einen schon mal ablenken, wenn man es nicht gewohnt ist.)
Ist doch irgendwie doof, dass ein Fahrrad, das für die Berge ausgelegt ist, sich schon beim Anblick von ein bisschen Schlamm unabänderlich verklemmt und sich partout weigert, einen einzigen Meter weiter zu rollen. Und da muss ich mich jetzt fragen, was für Berge das eigentlich sind, an die die Designer beim Entwurfen gedacht haben! Da bin ich wahrscheinlich selber schuld, ich habe nämlich nicht auf das Kleingedruckte geachtet - "Diesem Rad sind sogar die steilsten Hänge gar kein Hindernis, solange eine Putzfrau vorher allen Dreck beseitigt und ein bisschen so mit einem Febreze-Spray rumgesprüht hat."
Aber egal. Da aus der erhofften Radschieberei nichts geworden war, blieb mir eben nichts anderes übrig, als das Fahrrad meilenlang durch die Gegend zu hieven. Gut dann, dass ich eine muskelbepackte Bodybuilderin bin, deren Freizeitgestaltung darin besteht, den ganzen lieben langen Tag lang mit Fahrrädern und manchmal gar kleinen Autos zu jonglieren, oder? Tscht. Das Ganze hat noch weniger Spaß gemacht, wie ihr euch vielleicht denken würdet, aber es ging, irgendwie ging es. Innerhalb ein paar Minuten waren meine Ärme schon mindestens doppelt so lang wie vorher und ich überlegte mir ganz ernsthaft, mich als "Krake" neu klassifizieren zu lassen - aber ich machte schon Fortschritte.
...bis sich ETWAS ereignete, was mir ohne jeden Zweifel bewies, dass der Wetterzauberer ein wütender Autofahrer ist, der einmal zu oft aufgrund eines langsam vor sich hin trödelnden Radfahrers sein Tempo drosseln musste und seitdem auf Rache sinnt: es fing tatsächlich an ZU REGNEN.
Habe ich übrigens schon mal erwähnt, dass ich überhaupt nicht schwimmen kann?
Geht das Bild größer? Klar geht es größer!
Zum Glück hatte ich mein Handy mit dabei, anhand dessen ich "wie Fahrrad in rudimentäres Rettungsfloß umwandeln" googeln konnte. Daraufhin folgte eine spontane (und ungewöhnlich nasse) Bastelsession, wonach ich tapfer nach Hause gepaddelt bin.
(Sprich: Ich habe meinen Dad angerufen, der netterweise
Morgen rufe ich das Fahrradgeschäft an und frage, ob sich das Rad womöglich gegen einen Schlauchboot in gleicher Preislage tauschen lässt...
Vorzugsweise mit Decke.